Wie geht es weiter mit der europäischen Spielwarenbranche? Sanjay Luthra, Toy Industries of Europe

Sanjay Luthra ist Managing Director EMEA bei Mattel und Vorsitzender von Toy Industries of Europe (TIE) und verfügt aufgrund seines Werdegangs über langjährige Erfahrung in der Spielwarenbranche. Er war seit 2003 in verschiedenen globalen Positionen für Mattel tätig, ist seit 2018 Vorstandsmitglied und seit April 2019 Vorsitzender von TIE und hat die Organisation als solcher durch die Turbulenzen des Brexit und der COVID-19-Pandemie geführt. TIE ist der europäische Spielzeugverband, der die Spielwarenbranche in Brüssel vertritt. Darüber hinaus fördert der Verband den Dialog zwischen den Mitgliedern, vertritt die Branche gegenüber Entscheidungsträger der Europäischen Union und informiert die Mitglieder über Gesetzesänderungen, die einen Einfluss auf den Spielwarenmarkt haben werden.

 

Wie geht es weiter mit der europäischen Spielwarenbranche? Sanjay Luthra, Toy Industries of Europe

Für den Vorsitzenden von Toy Industries of Europe, Sanjay Luthra, war es eine echte Herausforderung, Toy Industries of Europe durch eine der turbulentesten Zeiten für die Branche zu führen. Hier schildert er seine Gedanken über die Spielwarenbranche, die die Schwierigkeiten der letzten Jahre überwunden hat und sich auf die Zukunft vorbereitet.

Die letzten beiden Jahre gehören zu den schwierigsten, die die Branche je erlebt hat. Wir haben gemeinsam an allen Fronten gekämpft: Wir haben anhaltende Problemen in der Lieferkette, Preiserhöhungen bei Komponenten und Schließungen des Einzelhandels bewältigt, das Wohlergehen der Mitarbeiter*innen und die Beziehungen zu Lieferanten und Einzelhändlern während der Lockdowns aufrechterhalten und uns mit den Auswirkungen der laufenden politischen Veränderungen auseinandergesetzt. Für viele war es eine schwierige Zeit, aber als einfallsreiche und widerstandsfähige Branche gehen wir aus einigen dieser Herausforderungen unverändert stark und kreativ hervor. Wir befinden uns eindeutig in einer Zeit des stetigen Wandels und werden weiterhin kreativ sein müssen, um die Erwartungen der Regulierungsbehörden und Verbraucher zu erfüllen.

Doch die Branche zieht immer dann an einem Strang, wenn es darauf ankommt. Die jüngste globale Herausforderung, der Krieg in der Ukraine, hat die Spielwarenbranche dazu veranlasst, weltweit viele unschuldige Kinder und Familien , die von dieser Invasion betroffen sind, zu unterstützen und ihnen Trost zu spenden.

Eine wichtige Lehre aus der Pandemie

Während der Pandemie war das Spielen wichtiger denn je. Spielzeug war der beste Verbündete der Eltern, wenn es darum ging, ihre Kinder in schwierigen Zeiten zu unterhalten. Die Verbraucher fanden immer einen Weg, Spielzeug zu kaufen, selbst als die Geschäfte während der Lockdowns geschlossen waren. Die Pandemie hat bestätigt, was wir schon lange wussten – dass Spielzeug für die Entwicklung der Kinder von entscheidender Bedeutung ist – und sie hat auch dazu beigetragen, dass die Eltern dies ebenfalls erkannt haben.

Als Branche müssen wir alle in Zukunft Wege finden, diese Bedeutung weiter zu verbreiten – eine gemeinsame Stimme ermöglicht eine nachdrücklichere Botschaft. Dies ist eines der Hauptziele von TIE, insbesondere, wenn es darum geht, die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen: Sie müssen sich der Bedeutung des Spielens und Spielzeugs bewusst sein, wenn sie Gespräche über Gesetzesvorschläge beginnen, die unsere Branche betreffen.

TIE hat versucht, mit einer sehr vollen politischen Agenda Schritt zu halten

Als Vorsitzender von TIE arbeite ich eng mit dem Vorstand und dem Sekretariat zusammen, um die Themen zu ermitteln, die einen Einfluss auf die Spielwarenbranche haben werden. Dabei haben wir festgestellt, dass die Zahl dieser Themen, mit denen wir uns befassen müssen, in den zwei Jahren Covid-19 immer weiter gestiegen ist. Die EU-Gesetzgeber nutzten die Ruhe während des Lockdowns, um an immer mehr Überarbeitungsvorschlägen oder neuen Rechtsvorschriften zu arbeiten.

Wir bei TIE versuchen immer, die Chancen zu sehen, die solche Initiativen für unsere Branche schaffen können. Doch, was vielleicht noch wichtiger ist, sollten wir dabei die Herausforderungen nicht außer Acht lassen und sicherstellen, dass wir sie auf die bestmögliche Weise angehen. Was auch immer in Brüssel als Vorschlag zu Papier gebracht wird, wird in vielen Fällen zu erheblichen Veränderungen in der Art und Weise führen, wie Spielwarenhersteller ihre Geschäfte führen, ihre Spielwaren gestalten und diese an die Verbraucher vermarkten. Wir müssen wachsam bleiben und sicherstellen, dass unsere Stimme bei der Gestaltung und Umsetzung dieser neuen Vorschriften berücksichtigt wird.

Sicherheit und faire Regeln bleiben unser Hauptanliegen

Das Hauptanliegen von TIE ist seit vielen Jahren die Verteidigung des Status quo der EU-Richtlinie über Spielzeugsicherheit. In letzter Zeit hat die Grüne Agenda der Europäischen Union jedoch auch auf weitreichende Veränderungen für unsere Branche gedrängt, die sich auf die Gesetzgebung zur Spielzeugsicherheit auswirken werden.

Die unmittelbarste und größte Auswirkung, die wir erwarten können, betrifft allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit immer noch die EU-Richtlinie über Spielzeugsicherheit, die überarbeitet werden soll. Dabei stehen alle Aspekte zur Diskussion, nichts ist tabu. Die Spielzeugrichtlinie regelt die Herstellung und den Verkauf aller Spielwaren auf dem europäischen Markt. Sie ist seit 2009 die Sicherheitsbibel für seriöse Spielwarenhersteller und wird von den Regulierungsbehörden weltweit als Maßstab angesehen. Die Europäische Kommission – unterstützt vom Europäischen Parlament – ist der Meinung, dass es an der Zeit ist, zu überprüfen, ob die EU-Richtlinie über Spielzeugsicherheit noch streng genug für den Schutz von Kindern ist, insbesondere wenn es um Chemikalien geht. Wir bei TIE befürchten unnötige Verbote von Chemikalien, die nicht die Spielzeugsicherheit erhöhen würden, sondern einige Spielwaren und KMU vom Markt verdrängen könnten – und letztendlich nur unseriösen Händlern zugute kämen, die die Vorschriften sowieso missachten. Ein Löffel aus einem Spielzeug-Teeservice unterliegt bereits heute strengeren Anforderungen als ein echter Löffel, mit dem ein Kind isst. Die Spielzeugrichtlinie muss weiterhin einen strengen wissenschaftlichen Ansatz für die Verwendung von chemischen Stoffen in Spielzeug verfolgen, um vernünftig, verhältnismäßig und umsetzbar zu sein.

TIE und seine Mitglieder setzen sich für eine enge Zusammenarbeit mit den politischen Entscheidungsträgern und Normungsorganisationen der EU ein, um sicherzustellen, dass die neue Spielzeugrichtlinie auch weiterhin eine Vorbildfunktion für praktikable Sicherheitsvorschriften weltweit einnimmt und eine große Auswahl an sicherem, unterhaltsamem und erschwinglichem Spielzeug für Kinder ermöglicht.

Es ist die Aufgabe von TIE, dafür zu sorgen, dass seriöse Spielzeughersteller weiter wachsen können. Seit mehreren Jahren setzt sich TIE nachdrücklich für die Schließung von Gesetzeslücken im EU-Recht ein, die es illegalen Händlern, die oft außerhalb der EU ansässig sind, weiterhin ermöglichen, gefährliches Spielzeug bzw. Fälschungen online an Verbraucher in der EU zu verkaufen. Diese Kriminellen unterbieten die Preise seriöser Hersteller, die sich an die Regeln halten, da sie nicht in die Herstellung von gesetzeskonformem Spielzeug investieren. Auf diese Weise gefährden sie Kinder, schwächen das Vertrauen in den elektronischen Handel, untergraben den Ruf der Branche und stellen die Wirksamkeit der geltenden Vorschriften in Frage.

Politische Entscheidungsträger und Kunden fordern minimale Umweltbelastung

Der Druck auf alle Branchen, ihre Umweltauswirkungen zu verringern, wächst und wird weiter wachsen – und die Spielwarenbranche bildet da keine Ausnahme. Derzeit werden Gesetzesvorschläge diskutiert, die neue Regeln für Verpackungen und Verpackungsabfälle, die Verwendung von Batterien sowie das Recycling und die Reduzierung von Kunststoffen vorsehen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Mit Blick auf die Zukunft müssen wir umweltbewusster werden. Das ist nicht nur gut für unseren Planeten, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll, da sich die Kunden zunehmend für umweltfreundliche Produkte entscheiden. Ich behaupte nicht, dass es einfach sein wird, aber TIE wird die Interessen unserer Unternehmen vertreten und dafür sorgen, dass der Wandel auf die bestmögliche und fairste Weise vonstatten geht.

Spielzeug kann die Welt zu einem besseren Ort machen

Ich liebe die Verbindung, die diese Branche zu Kindern hat, und bin stolz darauf, dass wir durch diese Verbindung einen Einfluss auf die Gesellschaft haben können. Ich kann die Spielwarenbranche nur ermutigen, sich weiterhin für den sozialen Wandel einzusetzen, z. B. durch die Förderung von Diversität und Inklusion. Es gab unglaublich viele Fortschritte bei der Entwicklung von Spielzeugen, die Mauern einbrechen, die auf überholten „Normen“ wie dem sozialen Status, Fähigkeiten, Geschlecht, Herkunft oder Religion beruhen, und wir müssen bei der Herstellung und Vermarktung unseres Spielzeugs weiterhin berücksichtigen, es inklusiv zu gestalten. Darauf bin ich bei Mattel sehr stolz und ich weiß, dass es in unserer Branche viele weitere gute Initiativen gibt.

Ich glaube, die Branche kann nur davon profitieren, in die Zukunft zu blicken und in Veränderungen zu investieren, die moderne Werte und Erwartungen widerspiegeln. Als Vorsitzender bin ich sehr stolz auf die „Play for Change Awards“ von TIE, mit denen Spielwarenhersteller ausgezeichnet werden, die bei der Entwicklung ihrer Produkte und Unternehmenswerte einen Schritt weiter gehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Unternehmen auszeichnen sollten, die sich für den Schutz des Planeten einsetzen, die den Respekt der Kinder voreinander fördern oder die in die Fähigkeiten investieren, die diese für eine erfolgreiche Zukunft benötigen.

TIE vereint die Spielzeugbranche und bereitet sie auf die Zukunft vor

Es ist eindeutig, dass wir ohne die gute branchenübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Organisation nicht in der Lage wären, die Arbeit zu leisten, die wir tun. Wir haben ein gemeinsames Interesse und alle unsere Mitglieder investieren in die Gesamtziele, von großen multinationalen Unternehmen bis hin zu viel kleineren Firmen: Wir alle sitzen im selben Boot.

Und natürlich ist die Zusammenarbeit mit unseren nationalen Verbandsmitgliedern aus den EU-Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich oft der Schlüssel zu unserem Erfolg.

Ich persönlich glaube, dass die Mitgliedschaft für Unternehmen in ganz Europa wichtig ist. Da TIE den Finger am Puls der Zeit hat, weiß Mattel über bevorstehende Gesetzesänderungen Bescheid, lange bevor sie offiziell werden. Das gibt uns Zeit, uns darauf einzustellen oder zu reagieren, falls wir sie für unsere Branche oder unser Unternehmen als nicht praktikabel erachten, und hilft uns, Kosten auszugleichen sowie unsere Materialien und Lieferketten besser zu steuern. Ich gehe davon aus, dass dies für jeden Spielwarenhersteller wichtig ist ­ und für TIE ist es umso besser, je repräsentativer seine Mitglieder sind.

Wenn Sie über politische Neuigkeiten auf dem Laufenden bleiben, mehr über die Themen in diesem Artikel erfahren oder sich an der Diskussion über künftige Rechtsvorschriften beteiligen wollen, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung, um sich über eine Mitgliedschaft zu informieren: https://www.toyindustries.eu/ oder kontaktieren Sie info@toyindustries.eu.